Definition “Kotzen”

ein grober, beidseitig gerauter Wollstoff, der für Pferdedecken oder Umhänge verwendet wird

Bisher hatte ich immer auf Campingplätzen oder offiziellen Stellplätzen gestanden. Wildgecampt hatte ich bis dato nie. Eine Freundin aus der Campergruppe war passionierte Vanliferin und schwärmte mir vor, wie toll es ist wild zu campen. Also verabredete ich mich mit ihr auf ein Freihsteherwochenende.

Es war noch im Januar und ich hatte immer noch mein altes Heizungsproblem. Trotzdem wollte ich nicht als der Uncoole dastehen und fuhr tatsächlich ins Schwabenländle, um mich mit ihr zu treffen. Sie meinte sie würde sich toll auskennen und hätte auch schon den perfekten Platz für uns.  

Wir gingen noch lecker schwäbisch essen und fuhren dann an den Wahnsinnsfreisteherspot. Er war lauschig im Wald gelegen, wirklich schön, ein bissl schräg vielleicht, aber sonst wirklich lauschig. Wir lachten viel und philosophierten über unsere unterschiedlichen Lebensansichten (die wirklich sehr unterschiedlich sind, aber das macht ja den bunten Strauss des Lebens aus). 

Plötzlich kamen wir uns vor wie auf der Autobahn, ein Auto nach dem anderen jagte den Waldweg hinauf. Ich machte die Jalousie auf und schaute raus und sah ein hell erleuchtetes Lagergebäude mit einem kyrillischen Neonschild. Ich schaute meine Wildcampingnachhilfelehrerin entgeistert an und ihr lapidarer Kommentar war….”ich dachte die Russendisko hätte schon vor Jahren dicht gemacht!” 

Das war also die grosse Freiheit des Wildcampens von der alle so  schwärmten…angeschickert und schlaflos auf dem Parkplatz der lokalen Ostblockdisko! Ich war mir zu diesem Zeitpunkt nicht so ganz sicher, ob ich dem Reiz des Freistehens so erliegen würde, wie nahezu die gesamte Vanlifergemeinde. Wir überstanden diese Nacht und krochen morgens leicht verkatert aus unseren Autos.

Das Gute war, dass die Heizung die ganze Nacht durchhielt. Das Schlechte war, dass sich meine Batterie so langsam verabschiedete. So sehr mich die UDSSR-Romantik auch verzauberte, so klar war aber auch, dass wir in der kommenden Nacht Strom brauchen würden. Also gondelten wir ein bissl über die Alb, genossen ein paar trübe Januar-Aussichten und suchten uns dann einen Stellplatz mit Strom, was alles in allem nicht so einfach war, denn dem gepflegten Vanlifer von heute tut es fast körperlich weh, für einen Stellplatz zu bezahlen. Wir schafften es!

Der Stellplatz lag neben einem Schwimmbad und war eigentlich ganz nett. Wir kochten uns etwas, tranken Bier, tranken Wein, laberten und plötzlich fragte mein Wildcampercoach, ob sie das Bad benutzen dürfe…sie stand langsam auf, ging langsam ins Bad und kotzte sich die Seele aus dem Leib…ich tätschelte Herrn Joplins Rückenlehne und murmelte: “Mein Freund, nun hast auch Du Deine Unschuld verloren!”

Als sie irgendwann aus dem Bad kam, war es sauberer, als es vorher je gewesen ist und sie war fröhlich und fragte, ob ich noch einen Wein für sie hätte.

So ein echter Vanlifer ist halt doch härter, als die Restbevölkerung!