Definition “Bora”

arschkalte und eklige Fallwinde, die an verschiedenen Küsten auftreten

Der Sommer verabschiedete sich so langsam, aber ich brauchte nach ein paar massiv anstrengenden Monaten im Büro noch etwas Sonne. Da ich nicht mehr so extrem viele unverplante Urlaubstage hatte, entschied ich mich, einfach nochmal nach Kroatien zu fahren. Die Strecke ist relativ schnell zu schaffen und die Wetteraussichten waren super.

Ich gehöre nicht zu den Leuten, die Sodbrennen kriegen, wenn sie ein zweites Mal an einen Ort fahren, wo sie schonmal waren und wo es ihnen schon einmal gefallen hat. Im Gegenteil, wenn ich die Möglichkeit habe, dann splitte ich meine Urlaube und verbinde Bewährtes mit etwas Neuem. Außerdem ist es als Alleinreisender schön, wenn man irgendwo von Freunden willkommen geheißen wird.

Also beschloss ich mich nach Istrien zu fahren. Selbst mit Herrn Joplin, dem Supersportwagen in 12-14 Stunden erreichbar, Freunde mit einem tollen Minicamp um die Ecke und dazu buchte ich den CP Val Saline. Ich wollte nach den echt doofen Monaten im Büro auch mal  ein bißchen Luxus genießen und da schien mir dieser Campingplatz eine gute Adresse zu sein.

Das packen von Herrn Joplin lief wie immer, ich nahm mir vor schon Tage vorher das Meiste einzuräumen und letztendlich, schwang ich mich gehetzt und schwitzend hinter das Lenkrad. Es gibt einfach Sachen, die sich niemals ändern. 

Ich klatschte mir die Köpfhörer ins Ohr, drehte die Musik auf und fuhr laut singend los. Mein Zwischenstop sollte der Stellplatz in Badreichenhall sein. Direkt an der Grenze zu Österreich und somit ziemlich genau auf der Hälfte der Strecke. Die Fahrt dorthin lief erstaunlich entspannt, auch wenn es ziemlich regnerisch und neblig war. 

In Bad Reichenhall angekommen, realisierte ich dann zum ersten Mal, dass ein Stellplatz ja auch voll sein kann. Mit sowas hatte ich nun wirklich nicht gerechnet und da saß ich und starte die ganzen Wohnmobilisten auf dem Stellplatz mit offenem Mund an und sie schauten ebenso zurück. Glücklicherweise leben wir in Zeiten des mobilen Internets und so checkte ich, welche Möglichkeiten es in der näheren Umgebung denn noch so gab. Fakt war, dass ich nicht mehr so lange fahren wollte. Ich hatte morgens noch gearbeitet, dann Herrn Joplin eingeräumt und schließlich schon gute 500km an einen Freitag Nachmittag auf deutschen Autobahnen in den Knochen. Ganz in der Nähe fand ich den Campingplatz Staufeneck ….fix ins Navi eingegeben und hurtig die 6 km gefahren. 

Es war grau, neblig und leicht düster. Der CP eingebettet zwischen Fluss auf der einen Seite und hochaufschießenden Bergen auf der anderen Seite. Wirklich einladend sah er nicht aus, aber ich war müde, hatte keinen Bock mehr und freut mich auf ein Bier. Ich betrat die Rezeption und schon strahlte mir ein junger Mann entgegen, super freundlich und super zuvorkommend. Ich solle mir einen Platz aussuchen, aber er würde mir Platznummer XY empfehlen. Ich bezahlte, und suchte im Dunkeln nach Platznummer XY. Ich parkte und wunderte mich warum ich den Platz nehmen sollte. Als ich den Strom anschloss konnte ich den Fluß hören, aber zu sehen war aufgrund der Dunkelheit nichts. Ich machte mir noch was Schnelles zu essen. Trank 1-2 Bierle und legte mich pennen, denn ich wollte am nächsten Tag nicht so spät aufstehen, schließlich hatte ich ja noch eine Strecke vor mir.

Das Wetter hatte sich deutlich gebessert und als ich mit meinem Kaffee aus Herrn Joplin kroch, wurde mir sofort klar, warum mir dieser Platz empfohlen wurde. Ich stand direkt am Flußufer und es war so schon ein schöner Platz, aber an einem lauen Sommerabend, war er sicherlich herrlich. Ich beschloss etwas ausgiebiger zu frühstücken und den Platz noch ein klein wenig zu genießen.

Schließlich fuhr ich los, fuhr zur Tanke und kaufte mir die Vignetten für Slowenien und Österreich. Ich war grandioser Stimmung, auch weil das Wetter mit jedem KM Richtung Süden besser wurde. Österreich war schnell hinter uns gebracht und Slowenien machte, wie schon beim letzten Mal, wieder den Eindruck von little Kanada auf mich. Bergig, grün, ein bisschen entrückt. Selbst in Kober und an der kroatischen Grenze gab es diesmal keinen Stau und ich kam zeitiger als gedacht am CP an. Die Leute an der Rezeption waren professionell freundlich. Sie zeigten mir auf dem Platzplan, wo die Plätze der von mir gebuchten Platzkategorie waren, ich solle doch einfach runtergehen mir einen Platz aussuchen und dann zurückkommen und ihnen zum Check In die Platznummer mitteilen. Gesagt getan. Ich kam keuchend und nass geschwitzt zurück, hatte mir aber einen coolen Platz ausgesucht. Wir erledigten die Formalitäten und ich verfiel mal wieder in mein altes Muster und verfuhr mich auf dem Campingplatz. Ich war irgendwann so verzweifelt, dass ich wieder den Schildern Richtung Rezeption folgte und dort um Hilfe bat. Sie lachten, aber jemand fuhr mit dem Fahrrad vor mir her und ich hatte ein bißchen Mitleid mit ihm, denn der Platz war extrem bergig. Wenigstens war ich jetzt nicht mehr der einzige keuchende Mensch auf dem Platz.

Mein Stellplatz war super! Dritte Reihe, ca. 15 Meter vom Strand und 20 Meter vom Meer weg, sonnig, Sanitätshaus und Restaurant um die Ecke…..PERFEKT, um es sich gut gehen zu lassen. Ich richtete mich mit einem breiten Grinsen ein. Es war später Nachmittag und der perfekte Zeitpunkt, um mit einem Bier den ersten Urlaubsabend einzuläuten.

Da ich keine Lust hatte zu kochen, ging ich essen und musste feststellen, dass das Restaurant des Platzes wirklich gut war und eine herrliche Entenbrust in Himbeersauce mit Risotto anbot.

Den nächsten Morgen verbrachte ich nach meinem Kaffee damit, mein SUP Board und mein Kajak aufpumpen und aufs Wasser zu gehen. 

Die Bucht war echt schön und durch die Lage von meinem Stellplatz auf dem Campingplatz konnte man sich kurzfristig entscheiden ….möchte ich Kajaken oder doch SUPen oder doch schwimmen oder eins nach dem anderen…Herrlich!

So wie ich es mir vorher erhofft hatte, kam ich super schnell runter und verdrängte erfolgreich jeglichen Gedanken an Arbeit und Alltag. 

Ich verbrachte meine Tage auf dem Wasser oder erkundete die Gegend mit dem Rad. Nun bin ich wirklich nicht der Hardcoreradler und die Gegend um Rovinj ist ziemlich bergig. Auf einer Tour zum Supermarkt kam der leise aber feste Entschluss, dass mir radeln definitiv keinen  Spaß macht und dass entweder ein Moped oder zumindest ein Ebike her muss. Abends grillte ich oder ging essen. Ich ließ es mir so richtig gut gehen und genoss mein Leben.

Nachdem ich meinen Aufenthalt ein paar mal verlängert hatte, kam aber doch der Tag an dem ich mich verabschieden musste, denn sonst bräuchte ich nicht mehr zum Val Vidal zu fahren. Ich ging meinen Kram für die nächsten Tage einkaufen und freute mich darauf meine Freunde wieder zu sehen.

Ich wurde mit einem großen Hallo begrüßt und platzierte mich in der Nähe der Bar, damit der Weg zum abendlichen Bier und zurück nicht so weit war. Die komplette Familie kam im Laufe des Tages und redeten bis tief in die Nacht. Nach den paar Tagen der Ruhe, war es schön, wieder unter Freunden zu sein und etwas Leben zu spüren.

Die Tage verbrachte ich an den unterschiedlichen Stränden der Umgebung und zu meinem allabendlichen Pflichtprogramm gehörte es, mein Sunsetbier in der Beachbar zu genießen. 

Am nächsten Tag kam Zoran zu mir und lud mich ein abends mit der Familie zu grillen, also fuhr ich einkaufen, um wenigstens etwas zusteuern zu können. Der Abend war wirklich schön und das Essen super lecker. Zoran’s Sohn fragte mich, ob ich eine Heizung in meinem Camper hätte, was ich bejahte und ich fragte warum, worauf er mit tiefer Stimme und verheißungsvollen Blick antwortete: “Bora is coming!” Da ich nicht wusste wer oder was Bora ist, hat ihn meine Antwort darauf sicherlich enttäuscht, denn ich nickte nur und sagte: “OK”.

Bevor ich abends ins Bett kletterte schaltete ich den kleinen Heizlüfte auf kleiner Stufe ein, denn Herrn Joplins Heizung machte immer noch nur das, was sie grade wollte. Mitten in der Nacht wurde ich frierend wach und schaltete schlaftrunken die Gansheizung an und stellte sie auf die höchste Stufe in der Annahme, dass sie dann eh wieder von alleine ausgehen würde. Das tat sie nicht und so wachte ich mit dickem roten Kopf, schweiß feucht und bei guten 43 Grad in Herrn Joplin’s Alkoven auf. Ich machte alle Luken auf und erschrak, als der Wind mir die Aufbautür aus der Hand riss. 

Nun lernte ich die Bora kennen. Saß man windgeschützt in einer sonnigen Ecke, hatte man entspannte 25 Grad. Verließ man diesen sonnigen Windschutz, fiel die Temperatur schlagartig auf frostige 11 Grad bei schönstem Wetter. Brrrr echt merkwürdig und leicht eklig, denn man sprintete von einem Windschutz zum nächsten und hatte immer die Windrichtung im Auge.

Glücklicherweise kam der Wind erst am letzten Tag meines Aufenthaltes und ich musste mich nur einen Tag damit beschäftigen. 

Am nächsten Morgen trank ich noch in Ruhe meinen Kaffee mit meinen Freunden und frühstückte ausgiebig bevor ich mich auf den Weg machte. 

Ich fuhr die gleiche Strecke wieder zurück, wie auf dem Hinweg. Herr Joplin war diesmal definitiv NICHT der Langsamste auf der Tauernautobahn und lief wie ein Jahreswagen. Von der Bora spürte man nach ein paar Kilometern im Landesinneren von Slowenien nichts mehr und so wurde es eine entspannte Fahrt mit guter Musik und einem spannenden Hörbuch.

Diesmal fuhr ich gleich den CP Staufeneck an und versuchte erst gar nicht, einen Platz auf dem Stellplatz zu kriegen, Auch vor dem Hintergrund, dass der CP einen Euro billiger war, als der Stellplatz und wenn es irgendwie geht unterstütze ich gerne einen regionalen Kleinunternehmer. 

Dieser Urlaub war genau so wie ich ihn so dringend gebraucht hatte, ein bißchen Luxus, gutes Essen, gute Freunde, Sport, Entspannung, gute Gespräche. So konnte ich mich jetzt wieder auf daheim freuen, auch wegen der Tatsache, dass ich kurz vor meinem Urlaub jemanden kennen gelernt hatte, den ich gern wieder sehen wollte. 

Not the worse scenario!