Definition “Prahlerei”
übertriebene Betonung/Hervorhebung von etwas, mit dem sich der Sprecher selbst lobt.
Die Nacht war ziemlich unruhig, da die Auslieferungsfahrer des lokalen Fischhandels am früher morgen anfingen, lautstark ihre Fahrzeuge zu beladen.
Grundsätzlich kann ich den Platz aber empfehlen, verkehrsgünstig gelegen, gleich bei einer Tanke, umsonst und relativ sicher.
Ich machte mir einen Kaffee, schmierte mir ein Streckenbrot und machte mich auch ziemlich direkt auf den Weg, denn ich wusste, dass nun die weiteste Teilstrecke anstehen sollte und schließlich wollte ich ja auch endlich nach Südspanien.
Die Strecke war diesmal nicht mehr so spannend, aber Herr Joplin lief wie ein Junger. Ich machte mit Abstand den höchsten Stundenschnitt auf dieser Etappe, was ja auch klar ist, denn wenn man auf einen Berg hoch fährt, dann muss man ihn ja auch irgendwann wieder runter fahren. Ich merkte so langsam, dass ich eine Pause vom fahren brauchte, denn das “Strecke machen” fiel mir nicht mehr so leicht, wie ein paar Tage vorher, als ich losgefahren bin. Die letzten 200/250 Kilometer zogen sich wie ein Kaugummi, der Stau auf der Riesenbrücke in Sevilla nervte mich und die letzten Landstraßen Kilometer, wollten kein Ende finden, aber alles in allem kam ich gut durch nach Tarifa. Zum Schluss der Etappe merkte man schon, dass der Wind merklich auffrischte und Herr Joplin und ich etwas zu kämpfen hatten dagegen anzukommen.
Ich hatte mich für den CP Rio Jara entschieden. Der war jetzt nicht super modern oder super günstig oder super-stylish, er war einfach nett und ausreichend. Ich suchte mir (wie so oft) einen Eckplatz, richtete mich einigermaßen ein, duschte und ging nach kurzer Internetrecherche über die Straße etwas essen. Es war ein sehr schönes Lokal und es gab Secreto vom Iberico ein bestimmtes Stück Schweinefleisch, welches es in Deutschland nicht so häufig gibt. Es schmeckte super.
Auf dem Weg zurück, wurde mal wieder klar, dass ich zu freundlich bin, ich drückte einem Mann, der ebenfalls nicht über die Straße kam einen Spruch und konnte mich die darauffolgenden 2 Stunden mit seinen merkwürdigen Fetischen für junge Frauen und deutsches Hartz IV beschäftigen. Bis dato wusste ich noch nicht mal, dass man sich als Belgier mit deutschem Hartz IV System beschäftigen kann, mal davon abgesehen, dass ich gar nicht wüsste, warum man das in Belgien machen sollte. Irgendwann machte ich ihm recht deutlich und unwirsch klar, dass mein Abend jetzt vorbei sei und ich ins Bett gehen würde.
Am nächsten Tag fuhr ich mit dem Womo herum, suchte und fand die Tagesparkplätze am Strand. Es war super spannend wie viele junge Leute mit selbst ausgebauten VANs unterwegs sind und sich ihren Traum vom perfekten Kitespot erfüllen. Da waren lustige Karren drunter und vielen Leuten sah man auch einfach an, dass sie das lebten, was ich mich immer so für mein Leben vorgestellt hatte. Sie lebten im VAN und zogen dorthin, wo es ihnen gefiel.
Die folgenden Tage checkte ich die einzelnen Kitespots usw in der Region ab. Es war super spannend, die Stimmung locker, aber mir wurde wieder einmal klar, dass Kiten niemals mein Sport werden würde, man braucht einfach viel zu viel Kram und Equipment.
Eines Abends lernte ich Christian auf dem CP kennen, ein Typ aus Kiel, der eigentlich ganz nett, aber der menschgewordene Schwanzvergleich war (mein Womo, mein elektrisches Longboard, mein Ex-Restaurant, mein Office-Assistent…). Man konnte dennoch ganz gut Zeit mit ihm verbringen, auch wenn er sichtlich irritiert war, dass ich auf seinen Schwanzvergleich weder einging, noch mich beeindruckt zeigte.
Tarifa ist jetzt nicht so, dass man sprachlos vor lauter Schönheit wird. Die Strände sind schön, das Flair speziell, aber bautechnisch jetzt alles nicht so der Bringer. Dennoch hat es seinen Stil, vor allem wegen der vielen Freigeister, die sich in und um Tarifa tummeln.
In Tarifa ist frei campen (im Jahr 2019) Gang und Gäbe, die meisten campen auf der Schweinchenwiese und ich muss sagen, dass ich aus dieser Art von Wildcampen raus bin. Mich auf ne vermüllte Buckelpiste hinzustellen, kein Stühlchen rauszustellen und meinen Nachbarn zuzuschauen, wie sie mit der Klopapierrolle unterm Arm zum Kacken gehen ….das brauche ich alles nicht. Ich weiß nicht, ob es bei manchen verklärte Romantik, ein merkwürdiger Fetisch oder Geiz ist. Wenn ich jedoch einen 130.000 Euro-Liner da stehen sehe, mit Teppich davor und ausgefahrener Satschüssel, dann kann ich mir eigentlich nur vorstellen, dass da jemand zu geizig war 15 Euro für den CP auszugeben.
Abschließend lässt sich zu Tarifa sagen, dass es sicherlich kein Fehler war hier hin zu komnen und ich würde bestimmt auch nochmal her kommen, wenn es nicht so abartig weit weg wäre. Es hat diesen leicht aufgeregten Surferstyle, es sind recht viele junge Leute unterwegs, hat tolle Bars und Restaurants. ABER irgendwann muss man sich auch vom schönsten Platz verabschieden, um wieder in den Reiseflow zu kommen.
Im nächsten Blogbeitrag gehts weiter..
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